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 "Culture Shock" - Blog

2022-04-18

Ich war noch niemals in New York… äh …Neustrelitz

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Eine Liebeserklärung an meine Heimat Mecklenburg-Vorpommern

Ich bin ein Nordlicht durch und durch. Meine Familie stammt aus Teterow, ich bin in Schwerin geboren, bin im damaligen Landkreis Ludwigslust zur Schule gegangen und später zum Studieren nach Stralsund gezogen. Und doch gibt es Ecken in Mecklenburg-Vorpommern, die ich nur dem Namen nach kenne. Inzwischen lebe ich in Baden-Württemberg, aber Familienbesuche sind immer wieder gute Aufhänger, um in der alten Heimat Neues zu entdecken. (Jetzt muss ich echt aufpassen, dass ich nicht mit kitschigen Kalendersprüchen à la „Warum die Ferne schweifen“ um die Ecke komme. #phrasenschwein)

Am Osterwochenende ging es in das 1733 gegründete Neustrelitz im Zentrum der Mecklenburgischen Seenplatte, um wieder mal etwas Neues zu entdecken. Neustrelitz war früher Sitz der Herzöge von Mecklenburg-Strelitz. Da werde ich natürlich sofort hellhörig, denn nicht umsonst hat mich meine Oma in frühester Kindheit durch ihre „bunten Zeitungen“ mit Royal-News jeder Art angefixt. Und die Dynastie Mecklenburg-Strelitz war definitiv Schlagzeilen-tauglich, denn ihr entstammen royale Promis wie Königin Luise von Preußen (1776 – 1810) und Charlotte, Königin von Großbritannien und Irland (1744 – 1818).

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Neustrelitz kommt zudem mit einer royalen Kuriosität daher: es gibt einen Schlosspark mit Orangerie und allem Zip und Zap. Aber ein Schloss? Fehlanzeige! Nein, verplant hat man sich da nicht. Das einstige barocke Residenzschloss brannte 1945 kurz vor Kriegsende aus und das, was übrig war, wurde 1950 abgerissen. Ein Wiederaufbau (zumindest des Turms) ist im Gespräch. Wie das Schloss ausgesehen hat, kannst du dir hier anschauen.

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Nach einer Nacht im umgebauten alten Kornspeicher mit angrenzender Kaffeerösterei im Neustrelitzer Hafen geht’s weiter nach Norden, an Stavenhagen vorbei, in das beschauliche 800-Einwohner zählende Örtchen Ivenack. Auch hier war mir der Name von je her ein Begriff, ich bin jedoch bisher nie hier gewesen.  Das recht marode Schlossensemble mit Orangerie und Teehaus nur noch wenig des früheren Glanzes von Ivenack erkennen. Ein Publikumsmagnet ist es dennoch, denn die eigentlichen Stars sind die Ivenacker Eichen. Bis zu 1.000 Jahre sollen sie alt sein. Die Größte ist mehr als 35,5 Meter hoch und gilt als größtes Lebewesen Deutschlands, sowie als größte lebende Stieleiche der Welt. Auf dem Baumwipfelpfad in über 20 Metern Höhe schaue ich mir die Gegend auch aus der Vogelperspektive an und erfahre nebenbei ein paar Fun Facts für Eichen. Hättest du z.B. gewusst, dass eine Eichel so viel Energie liefert wie zwei Gummibärchen und eine Möhre zusammen?

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Nächste Station ist die wundervolle Hansestadt Stralsund. Diesmal kein Erstbesuch, denn hier habe ich während meines Studiums gewohnt und mich sehr heimisch gefühlt. Mein letzter Besuch liegt allerdings schon mehr als fünf Jahre zurück. Ich bin also gespannt, was sich verändert hat. Das geht schon mit den Zubringerstraßen los, die Verkehrsführung scheint irgendwie anders als früher, sodass das ich Orientierungs-Legasthenikerin erstmal ziemlich lost bin. Als dann aber erst der Bahnhof und dann die drei markanten Kirchen ins Blickfeld kommen, ist alles wieder im Lot. Auf dem Alten Markt mit dem Rathaus (13 Jh.) und seiner gotischen Schaufassade (15 Jh.) bin ich wieder ganz zu Hause, denn das war der Ausblick aus meiner Studentenbude.

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Diesmal geht’s aber auch raus aus der Stadt, etwas dass ich früher kaum gemacht habe. Mit einem Leihrad geht’s an der Sundpromenade entlang nach Norden. Erster Stopp war natürlich der Campus der Hochschule Stralsund. Hier habe ich von 2003 bis 2007 „Baltic Management“ (Wirtschaftswissenschaft mit besonderem Fokus auf interkulturelles Management) studiert. Die Gebäude sehen aus wie ehe und je. Im Campusdorf Holzhausen wird in der Sonne gegrillt. Studentenleben at it’s best. Nur die frühere Campusbar „Haus 8“ ist deutlich baufällig und schaut recht traurig aus.

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An der Marinetechnikschule in Parow geht’s vorbei und weiter bis zum Aussichtsturm Barhöft, direkt an der Küste vor der Insel Bock. 38 Meter über dem Meeresspiegel bieten megamäßigen Blick über die Vorpommersche Boddenlandschaft (ein Nationalpark, by the way). Auf der einen Seite reicht die Sicht bis zur Insel Hiddensee, auf der anderen sind in 16 km Entfernung die Stralsunder Kirchtürme noch am Horizont zu erkennen. Der Aussichtsturm gehörte früher mal der NVA, wen wundert’s? Ein Stück Gesichte ist in Mecklenburg-Vorpommern halt immer dabei. Auf dem Rückweg entdecke ich irgendwo im Nirgendwo plötzlich eine lange Menschenschlange vor einem Haus in Klein Damitz. Der Andrang kommt nicht von ungefähr, denn hier steht der Eiswagen des Rentnerpaares Hoenicke. Freitags bis sonntags verkaufen sie ihr hausgemachtes Eis (#gurkeneis). Sogar freies Wlan gibt es vor dem Wagen. Hier weiß man, was es für eine ordentliche Customer Experience braucht!

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Den Abschluss der Radtour bildet der Hafen. Der ist bei jedem Stralsund-Besuch ein absolutes MUSS, denn hier gibt’s die besten Fischbrötchen weit und breit, entweder in der Fischhalle oder direkt vom Kutter. Im Hafenviertel hat sich in den letzten Jahren extrem viel getan. Wo früher alte Speichergebäude und ein trostloser Parkplatz waren, steht heute das stylische Ozeaneum. Das lohnt wirklich einen Besuch, denn es gibt riesige Aquarien zu bestaunen und auf dem Dach leben Pinguine. Und Pinguine mag schließlich jeder. Im Hafenareal finden sich inzwischen auch viele Restaurants und Bars. Und so ziemlich alle haben „View“: die Stralsunder Altstadt (mittelalterliche Backsteingotik & seit 2002 UNESCO Weltkulturerbe) auf der einen, den Strelasund, Rügen und die imposante Rügenbrücke auf der anderen Seite. Mega-Kulisse für einen Sundowner. Einen Shanty-Chor vor dem Fenster hätte ich zwar noch genial gefunden (Ina Müller hat schließlich auch einen), aber ich will mal nicht so sein, Lounge-Musik ist auch völlig in Ordnung.

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Ich muss gestehen, zu Studienzeiten habe ich mich in Stralsund absolut zu Hause gefühlt, zwischen Hausarbeiten, Präsentationen und Prüfungen aber nur bedingt zu schätzen gewusst, wo ich da lebte. Wenn sich die Gelegenheit bietet, würde ich sofort wieder hinziehen.

Den Abschluss des langen Osterwochenendes bildet ein kurzer Stopp an der Wismarer Bucht. Einmal die Wendorfer Seebrücke entlang zum Segelboote-gucken. Am Strand stecke ich kurz die Finger ins Wasser. Gar nicht so kalt, wie ich dachte. Vielleicht Schuhe aus und Füße rein? Nee, noch zu früh, die Zeit dafür kommt bald. Denn: Meer geht schließlich immer!

Love, Ina

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In Meck-Pomm gibt’s natürlich noch so viel mehr zu entdecken. Komm einfach mal vorbei und schau selbst, denn warum in die Ferne… ach, Mist! Das heißt wohl jetzt 5 Euro ins Phrasenschwein. Aber das ist es wert 😉.

Mehr MV-Highlights:

Das Schweriner Märchenschloss liegt idyllisch auf einer Insel im Schweriner See, blickt auf eine 1000-järhige Geschichte zurück und ist nicht nur Sitz des Landtages, sondern auch Kulisse der alljährlichen Schlossfestspiele.

Neben Schweriner Schloss hat MV noch etwa 2000 weitere Schlösser und Herrenhäuser zu bieten. Viele können besichtigt werden. Das Schloss Ludwigslust, das 3 Königinnen- Palais in Mirow oder das Jagdschloss Friedrichsmoor zum Beispiel.

Meck-Pomm besitzt inkl. aller Inseln und Buchten ca. 2000 km Ostseeküste, dazu kommen 26.000 km an Flüssen und Kanälen und nicht weniger als 2028 Seen. Jetzt braucht man kein Genie zu sein, um zu ahnen, dass Wassersport ein großes Thema ist! Schwimmen, Angeln, Kanuwandern, Segeln, Hausboot fahren, Kitesurfen – you name it. Bei DeafVentures auf der Insel Ummanz gibt es Kite-Kurse auch in Gebärdensprache.

In die Pedale treten. Im ganzen Land gibt es ein großes Netz an Radwegen und es kommen ständig neue Streckenabschnitte dazu; z.B. rund um die Müritz an der Seenplatte. Durch MV verläuft auch ein Teil des Ostseeküstenradwegs, von Wismar bis nach Ahlbeck an die polnische Grenze.

Motosport vom Feinsten: Ob auf dem Teterower Bergring oder beim Speedway in Güstrow, in verschiedenen Ecken des Landes dröhnen regelmäßig die Motoren. Das Teterower Bergringrennen geht zu Pfingsten 2022 nach zweijähriger Coronapause in seine 100. Ausgabe. Bei uns hat der Bergring Familientradition, z.B. hat meine Oma früher in der Zeitnahme gearbeitet. Das Event macht einfach riesigen Spaß. Aber Vorsicht, Suchtgefahr: einmal Bergring, immer Bergring!

Feste feiern, wie sie fallen. Die Menschen in MV seien verschlossen, heißt es und müssten erst mit einem Schnaps aufgewärmt werden. Und das geht am besten auf einem Dorffest. Ob Osterfeuer, Tanz in den Mai, Feuerwehr-Jubiläum oder Erntefest - einfach mitmachen! Schlager-resistent solltest du allerdings schon sein. Und mit ein paar Schritten Disco Fox eroberst du die Herzen der Locals garantiert.

Auch kulinarisch gibt’s Einiges zu entdecken: Mecklenburger Rippenbraten, Himmel und Äärd, Leber mit Kartoffelpüree und Zwiebelfett, Bratkartoffeln und Brathering und überhaupt alle Varianten von Ostseefisch (gebraten, gebacken, geräuchert, im Brötchen, …) und natürlich Rote Grütze. Die kannst du übrigens schnell und einfach selbst machen. In meinem „Easy-peasy Desserts“-Workshop am 30.04.2022 zeige ich dir, wie das geht.

Mein persönlicher Favoritentipp: Ostseeküste im Winter. Wo sich im Sommer viele Touristen tummeln, ist es im Winter beschaulich. Gerade wenn vermeintliches „Schietwedder“ oder eine steife Brise herrscht, hat die Küste einen ganz besonderen Reiz. Die Inseln Hiddensee und Poel sind dann fast menschenleer und verströmen ganz besondere Vibes, irgendwo zwischen Stille und Naturgewalt. Ein Ferienhäuschen mit Kamin und Sauna, dazu ein Grog oder heißer Sanddornpunsch. Perfekt zum Ausspannen oder für ein Team-Retreat.

Admin - 22:42:45 @ Allgemein | Kommentar hinzufügen

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